Online-Zeit von Kindern und Jugendlichen wächst auf 111 Minuten pro Tag
- 98 Prozent der Kinder und Jugendlichen ab 6 Jahren nutzen ein Smartphone oder Tablet
- 59 Prozent der 10- bis 18-Jährigen können sich ein Leben ohne Internet nicht vorstellen
Chatten, Videos schauen, Informationen suchen: So gut wie alle Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren (98 Prozent) nutzen ein Smartphone oder Tablet. Selbst die Jüngsten zwischen 6 und 9 Jahren (95 Prozent) nutzen zumindest eines dieser beiden Geräte. Mit diesen oder anderen Geräten verbringen Deutschlands Kinder und Jugendliche im Alter ab 6 Jahren jeden Tag im Schnitt fast zwei Stunden (111 Minuten) im Netz. Die Online-Zeit steigt mit dem Alter stark an: So sind 6- bis 9-Jährige durchschnittlich 49 Minuten pro Tag im Internet und 10- bis 12-Jährige eine Stunde und 27 Minuten. Jugendliche ab 13 Jahren verbringen über zwei Stunden im Netz: 13- bis 15-Jährige 2 Stunden und 20 Minuten, 16- bis 18-Jährige 2 Stunden und 46 Minuten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 900 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren befragt wurden. Die Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Kinder und Jugendlichen, bei den jüngeren im Beisein der Eltern. „Kinder und Jugendliche wachsen wie selbstverständlich mit Smartphone und Internet auf“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Sie müssen frühzeitig begleitet und angeleitet werden, damit sie sich handlungssicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen können.“
Kinder haben immer früher Kontakt mit Smartphone und Tablet
Sehr früh kommen Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien und Geräten in Kontakt. 88 Prozent der 6- bis 18-Jährigen verbringen zumindest ab und zu Zeit im Internet. Fast genauso viele (87 Prozent) nutzen selbstständig oder zusammen mit ihren Eltern ein Smartphone. 8 von 10 Kindern und Jugendlichen (80 Prozent) nutzen Tablets – vor allem die Jüngeren zwischen 6 und 9 Jahren (86 Prozent). Mit dem Alter nimmt die Tablet-Nutzung leicht ab. 85 Prozent der 10- bis 12-Jährigen verwenden Tablets, unter den 16- bis 18-Jährigen noch 74 Prozent. Smartphones hingegen gehören ab dem Grundschulalter zum Alltag dazu: Während 66 Prozent der 6- bis 9-Jährigen Smartphones nutzen, sind es bei den 10- bis 12-Jährigen 92 Prozent und ab dem Alter von 12 Jahren gibt es kaum ein Kind ohne Smartphone. Viele Kinder und Jugendliche haben schon früh ein eigenes Gerät: So geben 36 Prozent der 6- bis 9-Jährigen an, ein Tablet zu besitzen, ab 10 Jahren ist es mehr als die Hälfte. Insgesamt besitzt jede oder jeder Zweite zwischen 6 und 18 Jahren ein Tablet (50 Prozent). Auch der Smartphone-Besitz (gesamt: 71 Prozent) steigt mit dem Alter rasant: Während 21 Prozent der 6- bis 9-Jährigen ein eigenes Handy besitzen, sind es unter den 10- bis 12-Jährigen schon 86 Prozent und bei den 13- bis 15-Jährigen sogar 95 Prozent. Im Langzeit-Vergleich kommen Kinder und Jugendliche der Bitkom-Studie zufolge immer früher mit digitalen Endgeräten in Kontakt. Im Jahr 2014 nutzten lediglich 20 Prozent der 6- bis 7-Jährigen ab und zu ein Smartphone, aktuell sind es 64 Prozent. Bei den 10- bis 11-Jährigen stieg der Nutzungsanteil von 57 Prozent im Jahr 2014 auf 87 Prozent im Jahr 2022. Auch bei den 16- bis 18-Jährigen ist die Handy-Nutzung heute nochmals ausgeprägter und stieg von 88 Prozent (2014) um weitere neun Prozentpunkte auf 97 Prozent.
Messenger- und Streaming-Dienste sind beim Nachwuchs am beliebtesten
Die Zeit im Netz verbringen Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren am liebsten mit Chatten oder Video-Streaming. So verschicken mehr als 8 von 10 Kindern und Jugendlichen zumindest gelegentlich Chat-Nachrichten (86 Prozent) und schauen Filme, Serien und Co. (83 Prozent) im Netz. 71 Prozent hören Radio oder Musik und 69 Prozent suchen Informationen für Schule oder Ausbildung. 6 von 10 spielen Online-Games (61 Prozent). 4 von 10 Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren informieren sich über aktuelle politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachrichten (38 Prozent). Etwa ein Viertel shoppt online (23 Prozent). YouTube ist die meist genutzte Online-Plattform Die große Beliebtheit von Videos und Streaming zeigt sich in der Plattformnutzung: Über alle Altersgruppen hinweg dominiert das Videoportal YouTube. So nutzen 82 Prozent der 10- bis 18-Jährigen zumindest ab und zu die Internetseite oder App. Mit großem Abstand folgt Instagram. Auf dieser sozialen Plattform ist etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) aktiv – die Nutzung nimmt mit dem Alter jedoch stark zu: Während erst 17 Prozent der 10- bis 12-Jährigen auf Instagram Zeit verbringen, sind es unter den 13- bis 15-Jährigen schon 60 Prozent und 84 Prozent bei den 16- bis 18-Jährigen. TikTok (gesamt: 50 Prozent) hingegen büßt mit dem Alter an Interesse ein. So nutzen zwar knapp zwei Drittel der 13- bis 15-Jährigen (63 Prozent) die Video-Plattform, die Älteren zwischen 16 und 18 Jahren allerdings nur noch zur Hälfte (52 Prozent). Deutlich geringer ist das Interesse an Facebook und Twitter: So nutzen nur 12 Prozent der 10- bis 18-Jährigen Twitter und 11 Prozent Facebook. Von 3 Prozent bzw. 4 Prozent unter den 10- bis 12-Jährigen steigen die Werte bei den 16- bis 18-Jährigen auf 21 Prozent für Twitter und 17 Prozent für Facebook.
Bei den Kurznachrichtendiensten und Messenger-Apps dominiert WhatsApp die Kommunikation. Hier versenden 82 Prozent der 10- bis 18-Jährigen häufig Text-, Bild- oder Sprachnachrichten, weitere 10 Prozent manchmal. Mit deutlichem Abstand folgt Snapchat, worüber sich 52 Prozent häufig oder manchmal austauschen. Den iPhone-basierten Dienst iMessage nutzt noch etwa jede oder jeder Vierte in dieser Altersgruppe (23 Prozent) zumindest manchmal, Skype jede oder jeder Fünfte (20 Prozent). Andere Dienste wie Facebook-Messenger (12 Prozent) oder Telegram (8 Prozent) werden von den wenigsten verwendet. 69 Prozent achten in sozialen Netzwerken auf ihre Privatsphäre
69 Prozent achten in sozialen Netzwerken auf ihre Privatsphäre
Dabei achten viele Kinder und Jugendliche nach eigenen Angaben auf ihre Privatsphäre. So wissen 69 Prozent der 10- bis 18-Jährigen, die mindestens ein soziales Netzwerk nutzen, wie sie dort aktiv ihre Privatsphäre-Einstellungen ändern können. 22 Prozent wissen, dass es solche Einstellungen gibt, aber nicht, wie sie diese ändern können. Lediglich 6 Prozent ist die Möglichkeit unbekannt. Wer weiß, wie es geht, macht davon häufig Gebrauch: 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit entsprechendem Vorwissen haben ihre Privatsphäre-Einstellungen bereits aktiv geändert. Grundsätzlich machen Kinder und Jugendliche viele positive Erfahrungen im Internet: 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen finden es gut, online immer mit Freundinnen, Freunden oder ihrer Klasse in Kontakt sein zu können. Etwa jede und jeder Dritte (31 Prozent) hat über das Netz schon neue Freundschaften geschlossen. Zudem haben knapp zwei Drittel (64 Prozent) online ihr Wissen erweitern können und ein Viertel (25 Prozent) hat so seine Leistungen in der Schule oder Ausbildung verbessert. Ob für das soziale Leben, zum Lernen oder einfach zur Unterhaltung: 6 von 10 Kindern und Jugendlichen (59 Prozent) können sich nicht vorstellen, nie wieder online zu sein.
45 Prozent haben negative Erfahrungen im Internet gemacht
Allerdings haben 35 Prozent der 10- bis 18-Jährigen das Gefühl, online zu viel Zeit zu verbringen. Und auch negative Erlebnisse gehören für sie dazu: 45 Prozent haben bei der Netz-Nutzung bereits schlechte Erfahrungen gemacht. So haben 19 Prozent Inhalte gesehen, die ihnen Angst eingeflößt haben. Etwa jede oder jeder Sechste (17 Prozent) wurde schon einmal beleidigt oder gemobbt – unter den 12- bis 13-Jährigen gibt sogar fast ein Viertel (23 Prozent) an, im Netz Opfer von Mobbing oder Beleidigungen geworden zu sein. Dass Lügen über sie verbreitet wurden, sagen 12 Prozent der 10- bis 18-Jährigen. Sexuelle Belästigung ist ein Problem, das vor allem Mädchen betrifft: So wurde bereits fast jedes zehnte Mädchen im Alter zwischen 10 und 18 Jahren von Gleichaltrigen im Netz sexuell belästigt (9 Prozent), jedes zwanzigste Mädchen von Erwachsenen (5 Prozent). Jungen werden hingegen sehr viel seltener damit konfrontiert (1 Prozent bzw. 2 Prozent). „Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss auch in der digitalen Welt verbessert werden. Hier braucht es nicht nur Aufklärung durch Eltern und Schule, sondern ebenso eine technisch und personell bessere Ausstattung von Polizei und Ermittlungsbehörden“, so Rohleder.
Kontrolle durch Eltern nimmt mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen ab
Die Rolle der Eltern bei der Mediennutzung nimmt erwartungsgemäß mit dem Alter stark ab. So dürfen drei Viertel (76 Prozent) der 6- bis 9-Jährigen sowie 58 Prozent der 10- bis 12-Jährigen nur eine bestimmte Zeit online sein. Bei den 13- bis 15-Jährigen trifft das noch auf 3 von 10 zu (30 Prozent), bei den 16- bis 18-Jährigen lediglich auf 5 Prozent. Insgesamt erhalten 4 von 10 Kindern und Jugendlichen ab 6 Jahren (41 Prozent) zeitliche Vorgaben. Komplettes Online-Verbot erhalten auch mal 31 Prozent von ihren Eltern – 39 Prozent der 6- bis 9-Jährigen, aber nur 9 Prozent der 16- bis 18-Jährigen. Weiterhin sagen 44 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren, dass ihre Eltern ihnen bei der Internetnutzung nichts verbieten – unter den 6- bis 9-Jährigen haben nur 2 Prozent alle Freiheiten. Insgesamt gibt ein Fünftel der 6- bis 18-Jährigen (19 Prozent) an, nichts vorgeschrieben zu bekommen.
„Ohne Kontrolle und auch Verbote wird es nicht gehen, Aufklärung ist aber das wichtigste Werkzeug der digitalen Begleitung und Erziehung.“ Allerdings bekommen nur 59 Prozent der Kinder und Jugendlichen von ihren Eltern erklärt, was online erlaubt ist und was nicht. Bei den 6- bis 9-Jährigen sind es 60 Prozent und bei den 16- bis 18-Jährigen noch knapp die Hälfte (47 Prozent). Das Posten von privaten Inhalten thematisieren insbesondere die Eltern bei ihrem 12- bis 15-jährigen Nachwuchs (75 Prozent) – insgesamt wird bei 59 Prozent aller Kinder und Jugendlichen darüber gesprochen. Generell redet nur ein Drittel (34 Prozent) der Eltern regelmäßig mit ihren Kindern über deren Online-Erfahrungen.
„In jungen Jahren ist es besonders wichtig, dass die Mediennutzung aktiv thematisiert wird und sich Eltern gemeinsam mit ihren Kindern in der digitalen Welt bewegen“, rät Rohleder. „Es müssen aber auch Bildungsangebote geschaffen werden, um die Eltern dabei zu unterstützen. Gerade in Kindergärten, Kitas und Grundschulen dürfen digitale Technologien nicht tabuisiert, sondern müssen spielerisch in den Alltag der Kinder integriert werden. Kinder und Jugendliche brauchen einen geschützten Raum, wo sie einen gesunden Umgang mit digitalen Technologien lernen und Erfahrungen mit Gewalt und Mobbing im Netz adressieren können. Verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen und digitale Lehrmaterialien helfen Pädagoginnen und Pädagogen diesen Raum zu schaffen.“